Die Elektrifizierung

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Schon im Jahre 1902 stiess die Bahn an ihre Kapazitätsgrenzen. Auch mit vergrössertem Wagenpark war es nicht möglich, mehr als 17 Zugpaare zwischen 4 Uhr am Morgen und 21 Uhr abends einzuplanen. Es wurde notwendig, die Zugleistung der Lokomotiven zu erhöhen. Und nur mit elektrischer Traktion konnten die notwendigen 500 PS Leistung erreicht werden.

Im Jahre 1903 wurde ein Versuchsbetrieb auf dem Abschnitt von La Motte-les-Bains zum 6.635 km entfernten La Motte d'Aveillans eingerichtet. Der Test wurde von RenČ THURY, Direktor der schweizerischen "Štablissements SECHERON" (später ABB-SECHERON) geleitet. In der Rückschau können Thurys Ideen sicherlich als revolutionär bezeichnet werden, die entwickelten Prinzipien haben noch heute Bestand.

Bei den zu jener Zeit gebauten elektrischen Eisenbahnen wurde für gewöhnlich eine Gleichspannung von 600 Volt verwendet. Thury jedoch sah die Zukunft in hohen Spannung von 2400 Volt. Drei Leiter wurden benutzt: Zwei Fahrdrähte mit +1200 bzw. -1200 Volt, sowie die Schienen mit 0 Volt. Diese "Brückentechnik" ermöglichte es, hohe Leistungen zu übertragen, jedoch zugleich die Spannung der Fahrmotoren in tragbaren Grenzen zu halten.

So wurde die SGLM zur ersten Eisenbahn der Welt, welche Hochspannungs-Gleichstrom zur Zugtraktion einsetzte. Die elektrische Energie wurde durch das Wasserkraftwerk von Avignonet geliefert, das zwischen 1899 und 1902 am Fluss Drac errichtet wurde.

Zwei Gleichstromgeneratoren wurden im Kraftwerk von Avignonet installiert, die Gleichspannung wurde zum Unterwerk La Motte-les-Bains geliefert. Später erfolgte eine Umrüstung der Anlagen, im Unterwerk wurden Umrichter installiert, und die Zuführung vom Kraftwerk auf (verlustärmeren) 50Hz-Wechselstrom umgestellt.

Die Fahrdrähte hatten einen Querschnitt von 113,1 mm² und wurden durch isolierende Abstandshalter 1,4 Meter voneinander entfernt gehalten. Holzmasten hielten die Fahrleitungskonstruktion in 4,3 bis 5 Metern Höhe über den Schienen, in Tunneln auf 4,15 m. Weichen erforderten komplexe Oberleitungs- konstruktionen, um kurzschlussfrei die Gleise wechseln zu können.

Um Spannungsschwankungen an der Strecke auszugleichen, wurde im Jahre 1911 in La Motte-les-Bains eine Akkumulatorenstation zur Pufferung eingerichtet. Zusätzlich wurden an beiden Endpunkten der Bahn mechanische Umrichter eingebaut, um Über- und Unterspannungen abfangen zu können. Im Jahre 1932 wurde unterhalb des Tunnels von Ripeaux ein zweites Unterwerk eingerichtet, ausgestattet mit Quecksilber-Bogengleichrichtern, über welches zusätzlich zum Unterwerk von La Motte-les-Bains der Bahnstrom eingespeist wird.

Fahrleitungsmasten wurden auf gerader Strecke im Abstand von 35 Metern, in Kurven von 26 Metern aufgestellt. Ab 1905 wurden die originalen Holzmasten durch solche aus Beton ersetzt. Diese stehen zum Gutteil noch heute, wobei die rostenden Armierungen teilweise den Beton gesprengt haben. Zweifellos besitzt die Bahn von La Mure den ältesten noch verwendeten Fahrdraht!

Seit den 1950er Jahren wurden beide Fahrdrähte zusammengerückt, das Zweidrahtsystem aufgegeben, und die Spannung wurde auf auf 2400 Volt erhöht. Die SGLM ist (neben der RhB auf der Strecke Chur-Arosa) eine der letzten Bahnen, die diese hohe Spannung verwenden.

1985 wurde das Unterwerk Ripeaux ausser Betrieb genommen. Das Unterwerk La Motte- les-Bains wurde mit Siliziumgleichrichtern ausgestattet. Gleichzeitig wurde die alte Ausrüstung museal erhalten, dort sind nun mechanische Umrichter, Quecksilberdampfgleichrichter und moderne Halbleiter-Gleichrichter zu sehen. (allerdings nicht für die breite Öffentlichkeit zugänglich)




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